Vom Hauptbahnhof führt Dich der etwa 1,5 Kilometer lange Weg direkt zur Kirche in dem Stadtteil Sedlec. Rechts von der Straße geht es dann die Straße hoch und Du kannst die Knochenkirche nicht übersehen. Auf den Turmspitzen thronen neben den üblichen Heiligen auch zwei überdimensionale Totenköpfe aus Blech. Solche wie man sie von Piratenflaggen kennt.
Darunter versteckt sich aber kein Piratenschiff, sondern einer der skurrilsten Orte an denen ich bisher war: Die Knochenkirche trägt den offiziellen Namen Sedletz-Ossarium. An der Stelle der Kirche gab es früher nur den Friedhof, der bis heute das Gebäude umgibt. Im 13. Jahrhundert brachte eine Pilgergruppe aus Jerusalem eine Handvoll Lehm mit und verteilte sie auf dem kleinen Friedhof von Sedlec.
Dadurch bekam der Friedhof das Prädikat “Heilige Erde” und wurde fast über Nacht über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Viele Menschen aus dem ganzen Land und sogar aus dem Ausland wollten hier begraben werden. Der besondere Ruf dieses Ortes, eine große Pestepedemie und die Gefallenen mehrerer Kriege sorgten dafür, dass der kleine Friedhof rasch zu einer riesigen Ruhestätte für mehr als 50.000 Menschen wurde.
Mit dem Bau des Sedletz-Ossariums im 15. Jahrhundert auf dem Friedhof wurde das Gelände verkleinert und die Gebeine exhumiert. Aus Respekt vor den Toten wurden sie zunächst wahllos im Keller der Kirche aufgebahrt.
Erst ein blinder Mönch begann damit, die Knochen in großen Pyramiden aufzuschichten und so für eine erste Ordnung im Keller zu sorgen.
Ende des 19. Jahrhunderts kaufte eine reiche Fürstenfamilie die Kirche und beauftragte einen Schreiner mit der Innenausstattung des Gebeinhauses.
Aus den Knochen schuf er makabre Kunstwerke wie Kronleuchter, Kerzenständer und sogar das Wappen der Auftraggeber. Der Kronleuchter ist ein wahres Highlight, denn hier wurden alle Knochen des menschlichen Körpers verarbeitet. Makaber, aber absolut sehenswert.
Die einzelnen Kunstwerke sind wirklich faszinierend und wurden mit solch einer handwerklichen Präzision zusammengestellt, dass man schnell die Knochen vergisst, die als Baumaterial dienen.
Die Knochen sind in diesem Keller überall.